Was ist, was war und was kommt.


Es ist viel passiert seit dem letzten Eintrag. Während die Welt nahezu still steht überschlägt sich das Leben des Bäckers und auch meins im Minutentakt.
Letztes Jahr wurde der Bäcker quasi über Nacht ohne Vorwarnung zum alleinigen Brötchenversorger auf Langeoog.

Hört sich erstmal super an, nach schnellem Geld und vor allem nach viel davon, nach Monopol und das suggeriert auch immer das man sich zurück lehnen kann. Mangels Alternativen werden die Brötchen schon verkauft... Dachte ich auch so im ersten Moment. Doch ich habe so schnell verstanden das es so weit weg ist von viel Geld und von wenig Arbeit wie die Erde vom Mars.

Als Beispiel ...
Du hast ein Blumenbeet in deinem Garten. Es ist auf die Anzahl der Blumen bemessen die du mit deinen Hacken, Gießkannen und Gärtnern bewirtschaften kannst.
Der Nachbar zieht nun aber nach Bottrop und will seine Blumen nicht mitnehmen weil sie womöglich den Transport nicht überleben würden oder er kein Blumenbeet in Bottrop hat.  Er schenkt dir über Nacht all die schönen Blumen in den tollsten Farben.  Seine Gießkanne, Gärtner und Haken behält er allerdings.   Schon am ersten Tag wird die klar das du entweder die Blumen des Nachbarn  vertrocknen lassen musst oder aber ein zweites Beet, weitere Gießkannen kaufen und mehr Gärtner einstellen musst.

Der Bäcker hat im Letzten Jahr genau mit diesem Problem gekämpft. Während bei mir eine Zange 20 Euro kostet und fast kein Werkzeug mehr als 3000 Euro konnte der Bäcker weder Gießkannen noch mehr Beete aus dem Ärmel zaubern. Kostet ein neuer Bäckertisch schnell mal das 4 fache und ein Ofen soviel wie ein ganzes Haus.

Doch das macht ihn aus meinen Bäcker. Er nimmt Herausforderungen an ohne zu Zögern. Er zweifelt  genau wie jeder von uns aber nie das er es schafft, sondern nur ob der Weg der Richtige ist.
Die Tage im Sommer waren sehr lang.

Im September dann der Mutsprung. Neue Investion, neuer Kredit, neue Öfen.  Wenn schon dann aber so das man die Umwelt entlastet. Soll ja auch für die nächsten Generationen noch was da sein von unserer Erde.  Über die Abwärme können mit den neuen Öfen die Personalapartments beheizt und mit warmen Wasser versorgt werden.

Im Februar ging  es los.  Doch an so einer großen Sache hängen dann auch immer eine Million kleine Dinge dran.  Jeder der schon mal gebaut hat weiß, Erholung im Winter und bauen.... Erde und Mars ihr erinnert euch.

Ziemlich schnell war klar ... der alte Bau braucht eine neue Brandschutzdecke, die Wärmerückgewinnung braucht Kernbohrungen, so viele das die Wand aussah wie ein Käse.

Ich habe meine Tage in den Personalzimmern verbracht. Auch die müssen Winter für Winter wieder und wieder renoviert werden.  Neue Farbe, neue Böden.  Den Teil etwas schön zu machen habe mittlerweile ich in der Backstube übernommen.

Im März dann das erste Mal backen - so gut.  Wir haben uns auf die neue Saison gefreut.
Beste Qualität aus den besten Zutaten. Die Öfen so konzipiert das sie die schwere Arbeit erleichtern.
Im Zuge dessen sogar ein, zwei Tische mehr in der Backstube.  Meine Idee, dass man beim Frühstücken zusehen kann wie Brot und Brötchen gebacken werden, nahm Gestalt an.
Das Leben war zwar schnell aber wir so voller Motivation.

Der 18.3. knallte Deutschland und auch uns Inseln die Handbremse rein. Uns in voller Fahrt und ich bin nicht nur emotional ins Schlingern gekommen.

Plötzlich waren da Kredite so hoch wie Häuser und keine trockenen Schafe weit und breit.
Wenn man so weit gekommen ist, kann man nicht zurück, nur muss man einen Umweg gehen.
Wir haben Bäckerretterkarten gedruckt und den Vorbestellshop umgebaut zum Onlineshop der Brote zu euch bringt.
Brote gebacken in Öfen die für 10000 Brötchen arbeiten können und es  nun für nur 100 Brötchen mussten.  Wir haben Kuchen gebacken für die Insulaner.

Und zu keiner Zeit ist der Bäcker zweifelnd das unsere Kraft ausreicht, zu keiner Zeit wütend das er investiert hat.

Aber wir haben euch vermisst.  Nicht weil wir unbedingt trockene Schafe wollen , was im übrigen nicht mal schlimm wäre, weil sich Arbeit auch lohnen muss. Weil es nicht das Hobby des Bäckers ist zu backen und weil er Verantwortung trägt, für Familien die hier arbeiten.

Wir haben euch vermisst, weil es das beste Gefühl ist, eure Augen zu sehen wenn ihr euch, während wir die Brötchen über die Theke reichen, auf eurer Urlaubsfrühstück freut. Weil da alles drin ist. Zuneigung, Freude, Glück. Alles in einem so kleinen Stück Teig.
Ihr könnt uns glauben, für euch ist es all die Mühe Wert.

Nachtrag.
Seit gestern hat sich nun auch der andere Bäcker entschieden wieder Brötchen im Sortiment zu führen.  Ich bin froh das mein Lieblingsbäcker auch diese Rolle Rückwärts nicht als Makel sondern als Herausforderung versteht. Die Welt befindet sich immer im Wandel.  Es ist nur das was man daraus macht wichtig.  Jeder hat es selber in der Hand immer.

Wir sehen uns beim Lieblingsbäcker.
Alles Liebe Martina



Kommentare

  1. Ein sehr schön geschriebener Bericht. Ich finde es toll, dass Ihr den Kopf nicht in den Sand steckt, sondern voller Tatendrang weitermacht.
    Die Reportage über Euch, im NDR, habe ich voller Freude geschaut. Die war mehr als gelungen.

    Ich wünsche Euch für die Zukunft weiterhin alles erdenklich Gute, viel Erfolg und - trotz der widrigen Bedingungen - immer viel Spaß und Freude, bei der weiteren Verwirklichung Eures Traumes. Sowohl Jannes, mit seiner Bäckerei, als auch Dir, Martina, mit Deiner Goldschmiede.

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